5. Sonntag im Jkr.: B 7. 2. 2021
Der Mensch ist ein Suchender
„Alle suchen dich“, so sagen die Jünger zu Jesus, nachdem sie selbst lange nach ihm gesucht hatten. Alle suchen Jesus Christus. Diese Feststellung können wir leider heute nicht mehr so machen.
Warum haben die Menschen Jesus gesucht? Weil sie gehört haben, dass er die Kranken heilen kann.
Die Sehnsucht nach Heil ist die Triebfeder der Menschen. Ich glaube, das ist heute gar nicht viel anders als damals.
Im Buchhandel kann man hören, dass die Bücher zum Thema Gesundheit die Verkaufsschlager sind. Wenn das Katholische Bildungswerk einen Vortrag zum Thema Gesundheit anbietet, dann ist meistens garantiert, dass der Saal voll ist. Bei einem rein theologischen Thema kommen meistens nur wenige.
Warum ist das so? Suchten die Menschen damals wirklich Jesus?
Alle suchen. Die beiden ersten Worte dieses Satzes im heutigen Evangelium, die stimmen ganz sicher. Alle suchen … alle sind auf der Suche – die Sehnsucht nach Glück, Geborgenheit und Beständigkeit, die treibt wohl alle Menschen mehr oder weniger heftig an. Der Mensch ist ein Leben lang auf der Suche. Die tiefste Triebfeder im Menschen ist die Sehnsucht, sagt uns die Dichterin Nelly Sachs, wenn sie es so formuliert. „Alles beginnt mit der Sehnsucht.“
Aber, ob in Jesus Christus unsere Sehnsucht, unsere Suche ein Ziel erkennen kann, das ist eine Frage, die jeden von uns angeht.
Das Evangelium heute berichtet: Da haben die Menschen großartige Zeichen vom Herrn gesehen. Jesus heilt die Schwiegermutter des Petrus, die mit Fieber im Bett liegt. Die Leute bringen die Kranken und Besessenen zu Jesus und er heilt viele. Der Andrang wird so groß, dass er schon in aller Früh aufbricht und sich in die Stille zurückzieht. Daher machen sich die Jünger auf die Suche nach ihm und sie berichten ihm: „Alle suchen dich!“
Seien wir ehrlich: Wenn heute irgendwo so ein Guru auftritt, der Heilung verspricht, dann laufen ihm auch die Massen nach. Alle sehnen sich nach Heilung. Das Gott uns Heil verspricht, haben wir Menschen vielfach vergessen. Oder anders ausgedrückt. Erleben die Menschen an den Christen heute, dass Jesus Heil schenkt. Sie kennen das Zitat von Friedrich Nietzsche: „Die Christen müssten erlöster ausschauen, damit ich ihrer Botschaft glauben könnte!“
Ja, warum sieht man den Christen die Erlösung nicht an? Weil sie nicht das Glück und Heil bei Gott, sondern das Glück und Heil in dieser Welt suchen. Das Heil der Welt als oberste Maxime muss den Menschen immer wieder enttäuschen, weil es sehr begrenzt, ja nur endlich ist.
Die heutige Lesung aus dem Buch Ijob sagt uns das sehr eindringlich. Sie müsste uns eigentlich vom Hocker reißen: „Unser Leben ist nur ein Hauch. Schneller als das Weberschiffchen eilen meine Tage, der Faden geht aus, sie schwinden dahin.“
Ist das nicht die Erfahrung, die viele machen, wenn sie älter werden und ein wenig innehalten und ihr Leben bedenken. „Schneller als das Weberschiffchen eilen meine Tage, der Faden geht aus, sie schwinden dahin.“
Von Jesus hören wir heute im Evangelium. Die Leute suchen ihn, weil er in aller Frühe in die Einsamkeit gegangen ist, um zu beten, um mit Gott Zwiesprache zu halten.
Jesus lädt uns heute ein. Vergesst nicht, immer wieder inne zu halten, die Seele nachkommen zu lassen, das Leben immer wieder neu zu orientieren an dem, der allein unserem Leben Heil und Heilung schenken kann.
Dort wo der Faden meines Lebens ausgeht, da streckt Gott mir seine Hand entgegen. Und ich darf sie ergreifen. Das gibt mir Halt. Das erfüllt mich mit Freude.
Auch wenn ihn heute nicht mehr alle suchen. Wer Gott sucht, von dem wird er sich finden lassen. Gott lässt keinen im Stich, der sich ehrlich nach ihm auf die Suche macht. Ist das nicht ungeheuer tröstlich? Macht nicht diese Zusage unser Leben erst wirklich reich?
Pfarrer i.R. Johann Zarl